Fälle von sexualisierter Gewalt in der Kirchengemeinde Oesede: Aufarbeitungskommission nimmt Arbeit auf
Von 1972 bis 1974 hatte es in der evangelischen König-Christus-Kirchengemeinde Oesede im heutigen Kirchenkreis Melle-Georgsmarienhütte Fälle von schwerer sexualisierter Gewalt gegeben. Eine betroffene Person machte mit der Kirchengemeinde, dem Kirchenkreis und der Landeskirche den Stand des Aufarbeitungsprozesses im Oktober 2021 öffentlich. Der Kirchenkreisvorstand des Kirchenkreises Melle-Georgsmarienhütte hatte bereits im September 2021 beim Landeskirchenamt der Landeskirche Hannovers den Antrag auf eine externe wissenschaftliche Aufarbeitung der Vorgänge gestellt.
Das Landeskirchenamt hat dem Antrag entsprochen und eine Kommission zur Aufarbeitung sexualisierter Gewalt in der evangelischen Kirchengemeinde in Oesede in den 70er Jahren beauftragt, die ihre Arbeit am 01.09.2022 aufnimmt. Die Mitglieder dieser Kommission arbeiten selbstständig und in völliger Unabhängigkeit. Sie untersuchen die Vorgänge anhand der vorliegenden Akten und Dokumente der Kirchengemeinde und der Landeskirche sowie durch Gespräche und Interviews mit den Beteiligten, Betroffenen und möglichen Zeug*innen und Zeitzeug*innen.
Die Kommission bittet weitere Betroffene sich direkt an sie zu wenden. Alle Meldungen werden von der Kommission vertraulich behandelt und Anonymität wird zugesichert. Diese Bitte gilt auch für all jene, die Zeuginnen oder Zeugen sexueller Übergriffe geworden sind oder einen entsprechenden Verdacht hatten bzw. haben.
Geplant ist, dass die Kommission ihre Untersuchung bis zum September 2023 abschließt. Die Kommission stellt den Abschlussbericht vollständig und ohne vorherige Kenntnisnahme durch die Landeskirche der Öffentlichkeit vor.
Gegenstand der Arbeit der Aufarbeitungskommission sind Fälle sexualisierter Gewalt in der evangelischen Kirchengemeinde Oesede in den 1970er Jahren und weitere Taten des damals dort tägigen Diakons in Ausbildung. Weiter untersucht sie auch, wie Personen in Leitungsfunktionen mit den Tatvorwürfen insgesamt und mit Betroffenen umgegangen sind und inwieweit die Fälle sexualisierter Gewalt durch innerkirchliche Strukturen ermöglicht oder erleichtert worden sind. Die Kommission wird auch Empfehlungen für Maßnahmen zur Prävention von sexualisierter Gewalt geben, die aus ihrer Arbeit resultieren.
Die Landeskirche und die Kirchengemeinde sowie bei Bedarf andere kirchliche Stellen werden den Mitgliedern der Kommission uneingeschränkt Einsicht in alle Akten und Dokumente gewähren. Mitarbeitende werden von ihrer dienstlichen Verschwiegenheitspflicht befreit und kirchliche Mitarbeitende dürfen den Mitgliedern der Kommission uneingeschränkt Auskunft geben. Die Fachstelle Sexualisierte Gewalt im Landeskirchenamt unterstützt die Kommission, indem sie die erforderlichen Informationen und Kontaktdaten bereitstellt und zur Beantwortung von Fragen und Anliegen zur Verfügung steht.
Die Präsidentin des Landeskirchenamtes, Dr. Stephanie Springer, sagt: "Die Aufarbeitungskommission für die Missbrauchsfälle in Oesede ist mit externen Fachleuten besetzt, die unterschiedliche Expertisen in die Arbeit einbringen werden. Als Landeskirche unterstützen wir die Kommission uneingeschränkt. Die Ergebnisse werden ohne vorherige Rücksprache mit der Landeskirche der Öffentlichkeit zugänglich gemacht."
Prof. Dr. Christa Paul, Mitglied der Aufarbeitungskommission, sagt zur Aufgabe der Kommission: "Aufarbeitung soll helfen, die Entstehungsbedingungen sexualisierter Gewalt nachzuvollziehen und so zur Prävention beitragen. Damit Aufarbeitung gelingt, müssen Betroffene gehört und ihnen geglaubt werden. Entscheidend ist die Verantwortungsübernahme für die Gewalt durch die jeweilige Institution, im Fall Oesede durch die Landeskirche Hannovers."
Mitglieder der Kommission
- Prof. Dr. Christa Paul, Hamburg; Professorin für Praxis der Sozialen Arbeit, Northern Business School Hamburg, Studiengang Soziale Arbeit; als Dipl. Sozialpädagogin war sie von 1996 bis 2018 Mitarbeiterin der Beratungsstelle Allerleirauh, Hamburg, Beratung – Prävention – Fortbildung bei sexualisierter Gewalt in Kindheit und Jugend. Sie war Mitglied der Expertengruppe im Projekt »Wissen Teilen« im Bistum Hildesheim und hat an der Aufarbeitung der Evangelische Geschwisterschaft e.V. mitgewirkt.
- Wolfgang Rosenbusch, Hannover; Vorsitzender Richter am Landgericht Hannover a.D.; 2021 untersuchte er im Auftrag des Bistums Hildesheim Fälle von sexualisierter Gewalt durch einen verstorbenen Geistlichen.
- Heinz-Wilhelm Brockmann, Osnabrück (beratend), Staatsekretär a.D.; er war Vizepräsident des Zentralkomitees der deutschen Katholiken und gehört zu den Begründern der Zeitschrift Publik Forum. Heute ist er Mitglied in der Steuerungsgruppe für das Schutzkonzept im Bistum Osnabrück.
Kontaktmöglichkeit für alle, die einen Beitrag zur Aufarbeitung im Fall Oesede leisten möchten:
Prof. Dr. Christa Paul
E-Mail: christa.paul-aufarbeitungskommission@posteo.de
Mobil: 0152-09705072
Wolfgang Rosenbusch
E-Mail: wolfgang.rosenbusch-aufarbeitungskommission@posteo.de
Mobil: 0157-31264334
Pressekontakt zur Aufarbeitungskommission (bitte per E-Mail)
Presseanfragen zur Arbeit der Aufarbeitungskommission beantworten die Mitglieder der Kommission.
Bitte nehmen Sie Kontakt über die E-Mail-Adressen der Kommissionmitglieder auf:
Prof. Dr. Christa Paul: christa.paul-aufarbeitungskommission@posteo.de
Wolfgang Rosenbusch: wolfgang.rosenbusch-aufarbeitungskommission@posteo.de
Weitere Informationen
Fachstelle Sexualisierte Gewalt der Landeskirche
Pastorin Christiane Plöhn,
Kommissarische Leitung
Tel.: 0511 1241 650
E-Mail: fachstelle.sexualisierte.gewalt@evlka.de